OLG Schleswig, Urteil vom 14.10.2003 – 3 U 160/99
Erhebliche Winkelabweichungen eines Gebäudes und nicht parallele Wände
begründen keinen Schadenersatzanspruch gegen den Rohbauunternehmer,
wenn die Gebrauchstauglichkeit nicht sichtbar beeinträchtigt ist.
Der Fliesenleger ist zur Prüfung der Raumwinkelmaße und insoweit
zur Berücksichtigung bei der Verlegung der Fliesen verpflichtet.
Bei der Gebäudeherstellung sind Winkelabweichungen von deutlich mehr
als 2,0 cm sowohl im Bereich der Nordseite als auch im Bereich der
Südseite des Gebäudes zu verzeichnen. Die Abweichungen betragen 10,2 cm
und 10,8 cm. Die Gebäudelängsfluchten verlaufen nicht parallel
zueinander. Die Abweichungen liegen ebenfalls außerhalb der bestehenden
Toleranzen. Die Wohn- und Nutzflächen werden nicht beeinträchtigt.
Durch den Auftraggeber werden erhebliche optische Beeinträchtigungen in
den Geschossen gerügt, da die Plattenbeläge nicht rechtwinklig
anliegen. Trotzdem nimmt der Auftraggeber das Bauvorhaben ohne
Vorbehalte der bekannten Mängel ab. Der Auftraggeber verlangt Minderung
und später Schadenersatz.
Durch das erstinstanzliche Gericht wurde die geltend gemachte
Minderung wegen der vom Auftraggeber vorbehaltlos erklärten Abnahme
verweigert. Im Rahmen der Berufung wurde im OLG schließlich vorher ein
Sachverständigengutachten eingeholt, welches feststellt, dass die
Gebrauchstauglichkeit der Räume und damit des Gebäudes wegen der
Winkelabweichungen nicht besteht. Die optischen Mängel an den
Plattenbelägen sind nach der Auffassung des OLG auf Fehler des
Fliesenlegers zurückzuführen. Dieser hat nicht vor Ausführung seiner
Arbeiten die Winkeligkeit der Räume überprüft, wozu er verpflichtet
war. Er hätte dabei die konkreten Maße feststellen und für einen
entsprechenden Ausgleich und damit Herstellung einer ordnungsgemäßen
Optik sorgen müssen. Ein Schadenersatzanspruch wurde wegen der
fehlenden Beeinträchtigung der Gebrauchstauglichkeit abgelehnt.
Tipps:
Die Entscheidung macht noch einmal deutlich, welche gravierenden
Folgen die vorbehaltlose Abnahme trotz bekannter Mängel hervorrufen
kann. Darüber hinaus wird festgestellt, dass bei einem VOB-Vertrag ein
Schadenersatzanspruch gemäß § 13 Nr. 7 VOB/B nicht in Betracht kommt,
wenn eine Gebrauchstauglichkeitsbeeinträchtigung nicht festgestellt
wird. Nur optische Mängel führen nicht zu einem Schadenersatzanspruch
gemäß § 13 VOB/B. Nachfolgegewerke sind zu Prüfungen vorangehender
Leistungen verpflichtet, sofern ihre Leistungen unmittelbar darauf
aufbauen.
IBR 2003, 671
Ein Beitrag von:
Rechtsanwalt Mike Große
www.lange-baurecht.de
Baurechtsurteile.de Beitrag 134